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Präambel

Präambel

Willy Wahl, 4. Juni 2020

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser,

Wir versuchen auf dieser Website das bisher gesammelte Menschheitswissen über die Sozialnatur des Menschen in knapper Form und einfacher Sprache so aufzubereiten, dass es sowohl Fachpersonen wie Laien nachvollziehbar wird, ohne grosse Umwege zur Bedeutung der Erziehungsfrage für das Weiterbestehen der menschlichen Spezies zu gelangen.

Dass dieser Erkenntnisweg für die meisten von uns nicht einfach sein wird, wissen wir. Wir schreiben keine neue Doktorarbeit, erfinden nichts neu, lassen Vieles weg, damit wir den "Roten Faden" nicht verlieren, an dem der Weg der Entwicklung des Wissens über die Jahrhunderte entlang führt. Dennoch laden wir Sie ein, diesen Weg mit uns zu gehen. Forschen Sie mit uns!

Im Laufe der Kulturgeschichte der Menschheit hat sich der Mensch durch Befragen der Natur   – trotz Glauben und Aberglauben   – grossartige Erkenntnisse zur Verbesserung seiner Lebensumstände angeeignet.

Eine «Erste kopernikanische Wende» leiteten vor etwa 500 Jahren Nikolaus Kopernikus und Galileo Galilei ein, indem sie berechneten und durchs Fernrohr blickten und erkannten, dass das damalige statische Weltbild falsch war. Ihre Forschungen leiteten einen grossen Wissenshunger ein und eröffneten anderen Forschergestalten, wie Leonardo da Vinci, Giordano Bruno, Isaac Newton, Denis Diderot, René Descartes, Jean-Jacques Rousseau   – um nur einige zu nennen   – ihnen nachzueifern. Das Tor zum neuen Weltbild war aufgestossen worden.

Eine «Zweite kopernikanische Wende» begann vor etwa 150 Jahren, als 1871 Charles Darwin sein Werk «Die Abstammung des Menschen   – und die geschlechtliche Zuchtwahl» vorlegte und damit   – ohne es explizit zu wollen   – den Schöpfungsgedanken widerlegte. Seither ist der Mensch ein Naturprodukt. Wir wissen nun aus der Anthropologie, dass sich der Mensch in einem Jahrmillionen langen Entwicklungsprozess in der Evolution entwickelt hat.

Max Stirner, Karl Marx und Ludwig Feuerbach hatten inzwischen den Menschen vom Himmel auf die Erde geholt, wodurch im Laufe der Zeit mannigfaltige Überlegungen zur Bewältigung des Lebens im «Hier und Jetzt» befruchtet wurden (Frühkommunismus/Anarchismus/Demokratie/Befreiungstheologie).

Christian Gotthilf Salzmann nahm mit seinem Ameisenbüchlein oder Anweisung zu einer vernünftigen Erziehung der Erzieher (1806) vorweg, was später von Alfred Adler wissenschaftlich erkannt und in Wien durch seine Erziehungsberatungsstellen umgesetzt wurde.

Es war Sigmund Freud vorbehalten, den Menschen zu entmystifizieren und damit den wichtigsten Anstoss zum neuen Menschenbild zu geben. Freud erkannte «Das Unbewusste» im Menschen, der seither kein Mysterium mehr ist und mittels der Psychoanalyse erforschbar wurde.

Gleichzeitig gründete Francisco Ferrer in Barcelona die «Escuela Moderna», die ‘Moderne Schule’, die in dieser wichtigen Epoche des wissenschaftlichen Aufbruchs grosse Beachtung fand. Will Durant   – der Verfasser der «Kulturgeschichte der Menschheit» war Lehrer an Ferrers Schule. Ferrer war klar geworden, dass die Schulbücher an seiner Schule neu geschrieben werden mussten, befreit von Dogmen und Übersinnlichem. 1909 wurde er im katholischen Barcelona zum Tode verurteilt.

1890 veröffentlichte der Botanik-Professor Arnold Dodel in Zürich seine Streitschrift «Moses oder Darwin - Eine Schulfrage».

1902 publizierte Peter Kropotkin sein Werk «Die gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt» und erkannte die gegenseitige Hilfe in einer Art als fortschrittliches Prinzip des Lebens. Er ergänzte damit Darwins missverstandenen «Survival of the Fittest» und widerlegte den Sozialdarwinismus.

Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert entwickelte sich in Europa eine ungeahnte geistig-kulturelle Aufbruchsstimmung. Die Frauen legten ihre Korsetts ab, man tanzte auf dem Monte Verita in Ascona und las Leo Tolstoi, Fjodor Dostojewski, Iwan Turgenjew, Theodor Fontane, Arthur Schnitzler und Thomas Mann   – um nur einige zu nennen - die Menschen wollten sich befreien von den alten Fesseln.

Nur am Rande sei hier erwähnt, welch verheerenden Rückschlag der erste und zweite Weltkrieg auf diese so erfreuliche Weiterentwicklung eines lebensbejahenden Wissenshorizonts hatte, ist nicht auszudenken.

Alfred Adler, der mit Freud und Jung bis 1911 zusammengearbeitet hatte, gründete die «Individualpsychologische Schule» in Wien. Adler erkannte, dass Erziehung gelehrt und gelernt werden musste. So war es nur konsequent, dass er mit seinen Mitarbeitern Anfang der 20er Jahre in Wien rund 30 Erziehungsberatungsstellen betrieb. «Mit den Augen eines Andern sehen, mit den Ohren eines Andern hören, mit dem Herzen eines Andern fühlen» war sein Credo und mit seinem «Das Gemeinschaftsgefühl als Gradmesser seelischer Gesundheit» brachte er erstmals den in der Medizin gebrauchten Begriff von «Gesundheit» in die Psychologie (Seelenheilkunde).

Der heraufziehende Faschismus und der zweite Weltkrieg verhinderten, resp. verzögerten erneut einen humanwissenschaftlichen Fortschritt. Auch verstarb Adler viel zu früh mit 66 Jahren 1937.

Nach dem zweiten Weltkrieg veröffentlicht René A. Spitz sein Werk «Vom Säugling zum Kleinkind, worin er sich mit der systematischen Erforschung der Psychologie des Säuglingsalters befasst. Die Arbeiten des Bindungsforschers John Bowlby, der Entwicklungspsychologin Mary Ainsworth und der Neo-Psychoanalytiker Harry Stack Sullivan und Frieda Fromm-Reichmann werden bekannt.

1978 bringen Richard Leakey und Roger Lewin ihr Werk «Wie der Mensch zum Menschen wurde» heraus.

In den 1950er Jahren begann Friedrich Liebling in Zürich mit dem Aufbau der «Psychologischen Lehr- und Beratungsstelle». Er hatte sich mit den Publikationen der erwähnten Wissenschaftler intensiv befasst und entwickelte die Lehre Adlers weiter. Mit der Öffnung seiner psychologischen Praxis stellte er unter Beweis, dass in einem Gruppengespräch mit einer Teilnehmerzahl von 12 nicht Schluss sein darf, wie in der Psychologie bisher angenommen. Es zeigte sich, dass Gruppengespräche mit vielen hundert Teilnehmern ruhig verliefen, jeder seine Meinung frei und ohne Unterbrechung zu Ende führen konnte ganz ohne Gesprächsleitung. Das gefürchtete Chaos blieb aus.

Friedrich Liebling ist ein Experiment auf dem Gebiete der Psychologie gelungen, das erstmals auf naturwissenschaftlichem Boden steht. In seiner induktiv-deduktiven Arbeitsweise ging er weit über die Anfänge (Freud, Adler, Jung u.a.) hinaus. Zur Frage über den grossen Erfolg der ‘Zürcher Schule’ sagte einer seiner Mitarbeiter einmal (Auszug aus einem Votum an einem Seminar):

«Der Mensch, der zu uns kommt, der Mensch, der Schwierigkeiten hat in seinem Leben, mit seiner Frau, mit seinem Mann, seinem Kind, seinem Nachbarn, seinem Chef oder seinem Untergebenen, der Mensch, der beim Lernen Probleme hat, oder sonst in seinem Leben nicht zurecht kommt, der ist bei uns kein Fall, kein Patient und kein Klient. Er ist auch nicht krank. Nein, er ist in seiner Kindheit falsch informiert worden.

Und was wir machen? Wir informieren ihn richtig. Das heisst, wir erklären ihm die Grundlagen der modernen Psychologie. Er erforscht seine Lebensgeschichte, erkennt, wie er geworden ist, welche Meinungen er über das Leben, den Mitmenschen und sich hat. Indem wir ihm die Natur des Menschen erklären, beginnt er selbst zu experimentieren.»

Wir laden Sie ein, geschätzte Leserin, geschätzter Leser, sich eingehender mit dem Inhalt dieses Portals zu befassen. Machen Sie sich ein eigenes Bild darüber, ob es stimmt, wovon wir überzeugt sind, dass in der Erziehungsfrage der Schlüssel zur Lösung der grossen Menschheitsfragen liegt: Friedliches Zusammenleben der Spezies Homo sapiens und humaner Fortschritt auf unserem Planeten.

Margot und Willy Wahl